Das Kaminfeuer prasselte einladend und beruhigend. Gelegentlich explodierte etwas Harz und schoss kleine Funken von Licht wie Miniatur-Meteore in die verkohlten Ziegel der Kaminrückwand. Ich saß in stiller Kontemplation und verweilte mit meinen Gedanken bei der aufgewühlten Textur des Meeres während der Regen in weichen Schleiern über den dunkelgrauen Himmel zog. Da fiel mein Blick auf etwas, das sich bewegte. Etwas weiß-goldenes schimmerte vor dem grauen Hintergrund und wurde vom gerade am östlichen Horizont durchbrechenden Sonnenlicht kurz erhellt. Es war ein einsamer Schwan, der sich auf seiner winterlichen Reise durch den fallenden Regen mit seinen Flügelschlägen Richtung Süden schob. Ich fühlte eine unerwartete subtile Berührung von Traurigkeit im Herzen. Sie kaum wahrnehmbar, aber deutlich genug, um einen flüchtigen Moment von Nostalgie hervorzurufen gefolgt von einer liebevollen Erinnerung an meine weit entfernte Tradition im Himalaya, meine geliebten Amartya-Gefährten. Ich fühlte, wie ich sie vermisste und dachte dann an die geschätzten Momente, in denen wir zusammen lachten und so freudvoll mit der Freiheit spielten, die sie ausstrahlten und die einem erlaubte, einfach zu sein. Es war eine Freiheit, die sich so leicht in Liebe umwandelte in ihrer Gegenwart. Der Funken des Wiedererkennens war durch den schönen weißen Schwan entstanden, der alleine den Himmel durchquerte, offensichtlich getrennt von seinen Artgenossen, und der dennoch vollkommen hingegeben und bestimmt seinem Weg folgte. Ungeachtet des schlechten Wetters, das ihn herausforderte, blieb er seiner Natur treu und flog hoch, um ausgerichtet dem Ruf seines gewählten Pfades nachzugehen.
Im Osten ist der Schwan ein Symbol, das den reinen Weg der Unterscheidung repräsentiert. Paramahamsa ist das Erlangen der Fähigkeit im Lichte des wahren Selbstwissens zu stehen, entgegen allen Widrigkeiten. Ein einfacherer Begriff für Paramahamsa ist „wahres spirituelles Dharma“. Jeder der sich auf die noble Suche begibt aus dem Traum des Leidens zu erwachen und das Seelenselbst für seine angstlose und erleuchtete Natur zu öffnen, ist an diesen Weg gebunden. Einmal auf diesem Weg wird es dir – und das gilt für jeden – zeitweise so erscheinen, als wärst du alleine. Wie dieser einzelne Schwan, der gegen alle Widrigkeiten anfliegt.
Der Regen mag fallen, die Sicht verschleiern und dein Wesen mit dem gesamten Gewicht der Welt runterdrücken. Doch als der spirituelle Schwan, wirst du und musst du auf dein Dharma ausgerichtet bleiben, deinen Pfad zum verheißungsvollen Ruf der Sonne. Deine Freunde, deine Bekannten und deine Familie werden sich vielleicht bedroht fühlen und versuchen, dich auf die Größe ihrer Träume zu begrenzen. Sie werden dich vielleicht kritisieren, sich über dich lustig machen oder falsche Wahrnehmungen über dich haben. Vielleicht werden sie dich sogar sabotieren. Das ist traurigerweise nachvollziehbar, denn du hast gewählt dich aus ihren Verträgen zu lösen, erneut zu hören und deine leuchtende Natur zu ehren, die sonst versteckt geblieben wäre in ihrer angstvollen Welt der Bedingungen und Begrenzungen. In deinem Flug wirst du die Stimme, die sie zugleich wollen und fürchten. Es mag für sie schwierig sein, sich dem zu stellen. Auch sie werden eine Wahl treffen und entweder der Regen sein oder der unterstützende Wind unter deinen Schwingen, wenn du mit Freunden gesegnet bist, die aufrichtig hören können.
In diesem Leben mag es erscheinen, als wärst du alleine und dein Flug in die Freiheit mag missverstanden oder sogar verurteilt werden. Doch die Wahrheit ist, dass du niemals wirklich alleine bist. In der Tradition ist die Familie, die du vermisst, nur eine äußere Form. Auf der Reise ins Erwachen gehts du eine Beziehung ein mit dem einen Wesen, dass den wahren und reinen Ausdruck all derer inspiriert, die den Mut haben die Wahrheit deiner Existenz in dieser Gelegenheit des Lebens zu finden. Das ist eine unsterbliche Verbindung zu allem, was relevant ist. Viele dieser Schwäne fliegen selbst jetzt mit dir, einige unsichtbar, da sie zu ätherisch für eine menschliche Form sind und andere sind wie du, und stellen sich nur vor alleine zu sein.
So wie der Schwan leuchtend vor dem dunkelgrauen Himmel zu sehen war, kannst auch du eine leuchtende Inspiration des Ausgerichtet-seins für andere werden, sodass auch sie ihren Weg nach Hause finden können. Dies wird letztlich zu deiner Gemeinschaft, die Entstehung deines spirituellen Sangham. Vielleicht ist es jetzt Zeit zu realisieren, was du letztlich im Leben suchst. Deine Erleuchtung und dein wahres Zuhause und Familie können nur gefunden werden, indem du dich ganz deinem Flug hingibst. Bis dahin stellst du dir vor alleine zu sein, verloren in den Formen und Schatten eines illusionären Reiches, in dem die wahren Wege hinter Verirrungen der Angst vergraben sind. So fliegt hoch, meine Lieben, höher und höher an den Ort, an dem der Himmel leuchtend und klar wird. Die Liebe ist euer einziger Kompass. Dort treffen wir uns.

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