Teil 2: Die drei Handlungen, die wahre Präsenz im Jetzt etablieren

Jede echte Meditationsmethode erfordert die folgenden Hauptzutaten:

  1. Vairagya – Neutralität gegenüber Gedanken, Empfindungen oder Emotionen
  2. Viveka – intuitive Unterscheidung von Wahrheit über Illusion
  3. Acesta, – müheloser Fokus
  4. Vimoksa – beharrliches Loslassen oder Entlassen
  5. Utsaha – Standhaftigkeit und Ausdauer
  6. Abhyasa – fortlaufende oder beständige Übung
  7. Nirodhyama – ein systematischer Prozess der Transzendenz

Für jede Meditation ist ein Objekt des Fokus erforderlich, mit dem der nach innen gerichtete Fokus gestärkt wird. Eines der gebräuchlichsten ist ein Mantra, aber für Anfänger ist der einfachste erste Schritt vielleicht die Wahrnehmung des Atems. Diese uralte Methode des transzendentalen Atem-Gewahrsein wird im Osten als Apanasati bezeichnet. Wie oft hast du den Rat gehört: „atme einfach“? Das ist ein guter Rat, wenn du deine Emotionen zentrieren oder stabilisieren musst. Noch idealer ist es, wenn du deinen Atem als hauptsächliches Objekt deines Fokus verwendest, während du über die Grenzen der oberflächlicheren Schichten deines Verstandes hinaus transzendierst. Dort tauchst du tiefer in die fundamentale Quelle deiner Existenz ein, wo sich das Jetzt als ewige, unbegrenzte Gegenwart offenbart.

Deine Meditation sollte in der Regel mit dem festen Entschluss beginnen fokussiert und gewahr zu bleiben. Die kinetische Natur des Geistes erfordert eine Art objektorientierten Mittelpunkt, an dem er sich auf seinem nach innen gerichteten Kurs konstant ausrichten kann. Ohne ein solches Zentrum für den Fokus werden die tief verwurzelten Emotionen und Gedankenmuster der Psyche deinen Fokus unvermeidlich abgleiten lassen. Sie werden dich in Tagträume ziehen, ins Bereuen oder Beurteilen von vergangenen Ereignissen, Zukunftsplanungen und möglicherweise wirst du sogar einschlafen. Die mühelose Neuausrichtung deines Fokus auf das Entspannen deines Atems zu lenken, kann als solches Zentrum des Fokus dienen. Sobald deine Augen geschlossen sind, muss dein Atem nicht mehr eingeleitet oder erinnert werden – er tut bereits, was er tut. Es sollte darauf geachtet werden, nicht zu viel geistige Kontrolle über den Atem auszuüben. Müheloses Fokussieren ist der Schlüssel, damit dein Gewahrsein während dem gesamten Meditationsprozess so leicht wie eine Feder bleibt. Beginne, indem du deinen Atem ruhig beobachtest und fühlst, während du ihn mühelos in eine freie Leichtigkeit hinein weicher werden lässt.

Dein fühlendes Herz, denkender Verstand und dein Atmen sind eng miteinander verbunden. Dein Herz fungiert als Medium für dein intuitives Fühlen. Dein Verstand fungiert als Gefäß für deine Gedanken und Emotionen und gibt dir die Möglichkeit, eine Unterscheidung über sie zu treffen und mit ihnen umzugehen. Dein Atem spiegelt immer das Tempo und den Rhythmus dieser Herz-Verstand-Interaktionen wider. Wenn eine dieser drei gestört ist, spiegeln die anderen beiden diese Störung. Wenn du herzhaft lachst, dann ahmen deine Atemzüge auf natürliche Weise die freudigen Sprünge deines Herzens nach. Denke traurige Gedanken und dein Atem bricht in melancholische Schluchzer aus, die perfekt auf deine fragmentierten Emotionen abgestimmt sind. Fühle Angst und dein Atem kann zusammen mit deinen Gedanken gefrieren. Die Angst könnte sogar dein Herz anhalten.

Wenn du dagegen zulässt, dass deine Gedanken und Gefühle ungehindert fließen, während dich ruhig auf deinen weicher werdenden Atem ausrichtest, bewegt sich dein Herz und dein Verstand stetig in Richtung einer sich vertiefenden inneren Ruhe. Dieser einfache Prozess dient als grundlegende Gegenmaßnahme, als primäre Methode zur Neuausrichtung und Heilmittel, um die Hartnäckigkeit des Verstandes sich ablenken zu lassen zu überwinden.

Die meisten Ablenkungen befassen sich mit der Vergangenheit und der Zukunft. Dennoch werden sich auch andere Ablenkungen zeigen, von denen einige Freude versprechen andere mit Schmerz drohen. Vergnügen und Schmerz üben einen starken Einfluss auf den Verstand aus. Wenn du dich auf diese Ablenkungen konzentrierst, anstatt deinen Fokus wieder auf deinen Atem zu lenken, wird die Meditation höchstwahrscheinlich nur zu einer Planungssitzung, einem Tagtraum oder einem stressigen Albtraum.

Glücklicherweise können die meisten ablenkenden Emotionen leicht bewältigt werden, vorausgesetzt, sie laufen nicht unbemerkt im Hintergrund deines Verstandes ab. Eine Möglichkeit, wie das passieren kann, ist ein unbewusster Widerstand gegen das Loslassen oder eine zugrunde liegende Voreinstellung, dich zu sehr anzustrengen. Beides kann wie ein ständiger Kreislauf deine Meditation beeinflussen und den Prozess der Transzendenz überschreiben. Je weniger Widerstand du einer Emotion entgegensetzt, je mehr du dich ihr nähern kannst, umso leichter ist es, sie loszulassen. Der Widerstand zur Emotion erzeugt nur eine Spannung, die sie wieder in dein Bewusstsein zieht. „Was du Widerstand entgegenbringst, bleibt bestehen!“ Das Freisetzen ist am einfachsten, wenn du deinen Emotionen keine Stimme gibst oder sie rechtfertigst, beurteilst oder analysierst. Um eine Emotion loszulassen, muss jeglicher Widerstand aufgegeben werden. Dadurch verpufft sie auf leichte Weise. Vairagya ist hier unerlässlich. Die Entwicklung von Unvoreingenommenheit geht Hand in Hand mit Abhyasa, deiner beständigen und engagierten Praxis.

Während du dich weiterentwickelst, durchläuft Vairagya eine natürliche Evolution. Es beginnt als mentale Loslösung, Gelassenheit oder Unvoreingenommenheit gegenüber jeglichen Gedanken, Ereignissen oder Emotionen. Vairagya entwickelt sich dann weiter durch den Akt von Viveka, der deinen Fokus zurück auf deine Atmung und müheloses Loslassen lenkt. Dies vertieft sich unvermeidlich in jene feineren Bereiche, die jenseits der Oberflächenparameter deines Verstandes liegen.

Einige zeitgenössische Yogaschulen beschreiben Vairagya lediglich als mentale Gleichmütigkeit gegenüber Raga (Anhaftung) oder Dveśa (Abneigung). Schließlich treiben diese die meisten unserer Emotionen und Gedanken an. Grundsätzlich geht diese Art von Gleichmütigkeit in die richtige Richtung, aber in einem tieferen Kontext kann diese Empfehlung auch den Sinn verfehlen. In Wirklichkeit ist Vairagya noch nicht in seiner höchsten Form, bis die Gelassenheit gegenüber der eigenen Begierden und Aversionen nicht länger vortäuscht wird oder bewusst ausgeübt werden muss. Viveka ist eine einsichtige, bewusste Unterscheidung. Da dein linearer Verstand die erhabene Natur deiner ultimativen Realität nicht erfahren kann, kann er auch nicht effektiv eine reine unterscheidende Wahl treffen zwischen dem, was letztendlich real oder nicht real ist. Die Lösung für dieses Problem besteht darin, deine feinere Fähigkeit zu hören mit den zarten Strömungen des intuitiven Fühlens zu vermählen. Je mehr du deine Intuition verfeinerst, desto mehr verwandelt sie sich in eine echte innere Führung.

Echtes Vairagya entsteht, wenn sich die wesentliche Natur der wahren „Jetzt-Gegenwart“ zum ersten Mal in durch Augenblicke von Samadhi offenbart. In Samadhi hört deine Atmung auf und deine Erfahrung geht in eine unbegrenzte Ganzheit über, die der denkende Verstand nicht erfassen kann. Diese Ebene deines Bewusstseins ist jedoch auch deine dynamischste und realste Erfahrung des reinen Bewusstseins. Es mag zunächst unmöglich erscheinen, damit umzugehen, aber im Laufe der Zeit wirst du feststellen, dass dein Verstand niemals dazu bestimmt war, mit dem Hohen Selbst umzugehen, dein Hohes Selbst sollte deinen Verstand beherrschen. Die Entwicklung von Vairagya geht vom Verstand, der den Verstand beobachtet –   einfache Metakognitionen, in das Hohe Selbst über, das den Verstand beobachtet – Supra-Erkenntnis.

Deine Meditation wird idealerweise durch eine wiederkehrende Selbst-Erforschung unterstützt: Woher beobachtet der Beobachter? Das Fühlen in diese stille, ungebundene Quelle bereitet den richtigen Boden, um den fortgeschritteneren Zustand von Vairasakśin, dem authentischen Selbstbezeugen, zu kultivieren. Wenn Vairasakśin etabliert ist, wird der Prozess des transzendentalen Bewusstseins schnell zu deinen fortgeschritteneren Zuständen der „Jetzt-Gegenwart“.

Das übergeordnete Thema in der Meditation, Nirodhyama, erfordert, dass du wiederholt alles loslässt, was in deinem Verstand kreist, einschließlich deines Atembewusstseins. Allmählich lernst du, deinen Atem den Ablenkungen vorzuziehen, aber wenn du noch fortgeschrittener wirst, lernst du, die tiefere Stille zu bevorzugen, die zwischen deinem Ein- und Ausatmen existiert. Das Vorziehen der Stille durch die Kultivierung müheloser Kontrolle kann am Anfang rätselhaft oder sogar widersprüchlich erscheinen, insbesondere wenn du „versuchst“ mühelos zu sein. Versuche sie nicht, erlaube sie!

Text: Aaravindha Himadra, Übersetzung: Aiyanna Diyamayi

Möchtest du über neue Artikel informiert werden?

Trage dich in unseren Email-Verteiler ein und erhalte alle Neuigkeiten und Inspirationen!

Die Sicherheit deiner Daten ist uns sehr wichtig, siehe Datenschutzerklärung.

Besuche unsere Facebook Community Gruppe!

Melde dich an und habe Teil an einer Online Community mit vielen netten Menschen aus der ganzen Welt!